Suche Frieden und jage ihm nach! (Psalm 34,15)
Wer würde diese Aufforderung nicht unterschreiben? Dem Frieden nachjagen. Aber schon diese Formulierung zeigt, dass es eine mühsame Aufgabe sein muss. Dem Frieden nachzujagen verlangt viele Kräfte, es verlangt auch Ausdauer, denn so leicht sind die Träume vom Frieden nicht zu erreichen.
Der gemeinsame Traum von Frieden hat in den vergangenen 14 Tagen 26 Jugendliche aus Israel, Palästina, Ungarn und Österreich verbunden. Sie haben an einem Jugendcamp unter dem Motto: „Dialog für die Zukunft“ im evangelischen Jugendgästehaus im burgenländischen Rechnitz teilgenommen. Es waren zwei Wochen des Lernens, der Begegnung und des gemeinsamen Erlebens.
Dass so eine Begegnung nicht leicht ist, haben die Teilnehmerinnen und Teilnehmer gleich zu Beginn erfahren. Schon in der Vorstellungsrunde waren die enormen Spannungen zwischen Israelis und Palästinensern deutlich. Die palästinensischen Jugendlichen hielten sich nicht lange damit auf, ihre Hobbys aufzuzählen. Ganz wesentlich zu ihrer Identität gehört nun mal die Erfahrung mit der Besatzung durch die israelische Armee. Für die israelischen Jugendlichen, immerhin kurz vor ihrem Militärdienst ein kleiner Schock, gleich so konfrontiert zu werden.
Dass die österreichischen und ungarischen Jugendlichen nicht die Rolle eines neutralen Beobachters spielten, wurde deutlich, als es auch um die Geschichte des Ortes Rechnitz ging. Anhand der schwierigen Geschichte des Umgangs mit nationalsozialistischen Verbrechen gerade in Rechnitz wurde deutlich, dass der Holocaust auch im Nahostkonflikt eine Rolle spielt. Die Erinnerung an den Holocaust ist nun mal ein Teil der Identität in der israelischen Gesellschaft und damit auch der Jugendlichen, und gleichzeitig ein Teil der österreichischen wie der ungarischen Geschichte.
Das aufeinander hören, das Argumentieren ohne das Gegenüber zu verletzen, war für viele Jugendliche ein mühsamer Lernprozess, vor allem wenn man bedenkt, dass es keine theoretischen Diskussionen waren. Für die Jugendlichen ging es um existenzielle Fragen der Angst, der Frustration, der Sehnsucht nach Freiheit. Für die Beteiligten waren das emotionell belastende Diskussionen.
Das Schöne war aber der gegenseitige Respekt, der auch in schwierigen Momenten zu spüren war. In den vielen unterschiedlichen Kooperationsübungen im Rahmen der Erlebnispädagogik war von dem Konflikt kaum mehr etwas zu spüren, ebenso in der Freizeitgestaltung.
Das ist ein großes Hoffnungszeichen. Friedensarbeit heißt ja bei Weitem nicht, Konflikte zu vermeiden. Ganz im Gegenteil. „Es wird nicht aufhören, bis wir anfangen, miteinander zu reden“, heißt ein Motto unserer Partnerorganisation im Nahen Osten, des Parents Circle. Es ist eine Organisation von Israelis und Palästinensern, die ein Familienmitglied in diesem Konflikt verloren haben. Gemeinsam treten sie in der Öffentlichkeit und in Schulen für Versöhnung statt Vergeltung ein.
„Es wird nicht aufhören, bis wir anfangen, miteinander zu reden“. So mühsam dieser Prozess für die Beteiligten sein mag, es ist so wichtig, ins Gespräch zu kommen. Das Sommercamp in Rechnitz ist wohl ein wichtiger Beitrag dazu, denn es setzt bei der Jugend an.
Sicher, wenn wir in Österreich einige wenige Jugendliche ins Gespräch bringen, dann schaffen wir so noch keinen Frieden. Es wird auch in Zukunft noch viel Leid über die Völker im Nahen Osten hereinbrechen. Und doch ist es ein Anfang. Wenn einmal eine Generation aufwachsen wird, für die es normal ist, miteinander zu reden, dann sind die Menschen dem Frieden schon ein kleines Stück näher gekommen. Und irgendwo müssen sie ja anfangen, miteinander zu reden. Warum nicht in Rechnitz?
Und vielleicht beginnen irgendwann auch mehr Menschen zu träumen von der großen Vision des Friedens, wie sie schon bei Jesaja steht:
„Da werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen und ihre Spieße zu Sicheln machen. Denn es wird kein Volk wider das andere das Schwert erheben, und sie werden hinfort nicht mehr lernen, Krieg zu führen.“ (Jesaja 2,4)
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